Berlin, 27. März 2019. Die von der AWO beim Deutschen Bundestag eingereichte Petition Eigenanteil bei stationärer Pflege begrenzen! hat das notwendige Quorum deutlich überschritten. Dies teilte der Petitionsausschuss heute offiziell AWO Vorstandsmitglied Brigitte Döcker mit. „Die über 74.000 erreichten Stimmen zeigen, wie wichtig den Bürgerinnen und Bürger dieses Thema ist. Wir möchten uns bei allen bedanken, die sich mit uns in dieser letztlich doch sehr kurzen Zeit dafür eingesetzt und uns ihre Stimme gegeben haben. Nun fordern wir die Mitglieder des Petitionsausschusses dazu auf, die Petition an den Deutschen Bundestag zur Berücksichtigung und damit zur Einleitung eines Gesetzgebungsverfahren zu überweisen“, erklärt Döcker.

Die AWO macht seit Jahren auf die Tatsache aufmerksam, dass alle Kostensteigerungen, die in Pflegeheimen anfallen, aufgrund bisheriger gesetzlicher Regelungen, allein von den Bewohnerinnen und Bewohnern übernommen werden müssen. Dies soll mit der Petition geändert werden, denn bereits 2017 lagen die Kosten, die eine versicherte Person selbst übernehmen musste, im Bundesdurchschnitt deutlich über der durchschnittlichen Rentenleistung.⃰ „Ziel dieser Petition war und ist es, für die versicherten Leistungsbeziehenden der Pflegeversicherung einen gesetzlich definierten Höchstbetrag für die Eigenanteile zu erstreiten. Dieser muss auch über die Dauer der Pflege verlässlich abgesichert sein. Wir wollen, dass steigende Pflegekosten aus Mitteln der Pflegeversicherung getragen werden, denn dafür wurde sie eingeführt und dafür zahlen Menschen ihre Beiträge“, betont Brigitte Döcker.
Aufgrund der gestiegenen Kosten in den letzten Jahren, waren und werden zukünftig immer mehr Rentenbeziehende gezwungen sein, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen, um ihre Pflege bezahlen zu können. „Aus Sicht der AWO ist es notwendig, Pflegekosten bundeseinheitlich zu definieren. Diese sind den Pflegekassen gesetzlich zuzuweisen, damit sie kein unkalkulierbares finanzielles Risiko mehr für Menschen mit Pflegebedarf darstellen. Das heißt, alle pflegebedingten Kosten sind aus Mitteln der Pflegeversicherung zu tragen. Eine Pflegeversicherung muss die Menschen absichern und ihnen sowie ihren Angehörigen Sicherheit geben“, betont Brigitte Döcker.

⃰ Zum Vergleich: Zum Ende des Jahres 2017 lag das durchschnittliche Netto-Renteneinkommen in den alten Bundesländern bei monatlich 1.231 Euro und in den neuen Bundesländern bei monatlich 1.169 Euro. Die durchschnittlichen Heimkosten lagen bei monatlich circa 1.750 Euro.

Pressekontakt: AWO Bundesverband e.V. Mona Finder Pressesprecherin Blücherstraße 62-63, 10961 Berlin Telefon: + 49 (0)30 26 309 222; mona.finder@awo.org

Hintergrund der Petition: Stand 02/2019
Die gestiegenen Kosten in der Pflege, die vor allem durch Tariferhöhungen im Pflegebereich verursacht werden, führen derzeit ausschließlich zur finanziellen Belastung der Bewohnerinnen und Bewohner. Grund dafür ist ein Fehler im Pflegesystem: Da die Leistungsbeträge der Pflegekassen der Höhe nach gesetzlich festgelegt sind und nur durch den Gesetzgeber geändert werden können, belasten steigende Kosten allein die Seniorinnen und Senioren, deren Zuzahlungsbeträge – anders als die Leistungsbeträge der Pflegekassen – nicht gesetzlich geschützt sind. In Folge sind immer mehr Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen dazu gezwungen, Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen.

Die bundesweite AWO Petition, die durch Initiative der AWO Oberlausitz und des Landesverbands Sachsen maßgeblich auf den Weg gebracht wurde, richtet sich an den Gesetzgeber mit dem klaren Ziel, das finanzielle Risiko für die Menschen bei Pflegebedürftigkeit verlässlich abzusichern. Dafür müssen die Eigenanteile der Pflegebedürftigen in der Höhe begrenzt und über die gesamte Dauer der stationären Pflege planbar sein. Steigende Kosten in der Pflege müssen aus Mitteln der Pflegeversicherung getragen werden.

„Die Arbeitsbedingungen und Bezahlung in der Altenpflege zu verbessern, um eine qualitativ hochwertige Pflege zu sichern und dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist richtig und wichtig“ betont AWO Sachsens Landesvorsitzende Margit Weihnert und fügt hinzu: “Die höheren Kosten können jedoch nicht allein durch die pflegebedürftigen Menschen getragen werden. Es ist nicht zumutbar, wenn Pflegende, die den Wohlstand unserer Gesellschaft mit aufgebaut haben, nun dazu gezwungen werden, Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen. Gegen dieses Ungleichgewicht müssen wir aktiv angehen.“

Um eine Behandlung im Petitionsausschuss zu erzielen, sind mindestens 50.000 Unterschriften erforderlich. In den Pflege und Sozialeinrichtungen der AWO Sachsen liegen die Listen zur Unterschrift seit einigen Tagen schon bereit. Mit Veröffentlichung der Petition ist nun auch eine Online-Teilnahme möglich.